Am Wochenende war es soweit. Ich habe meinen Koffer gepackt und bin mit meiner liebsten Freundin nach Frankfurt gereist. Inklusive Übernachtung, versteht sich. Die Trennung vom Prinzen war ein großer Schritt. Unser eigentlicher Grund war die Frankfurter Buchmesse inklusive einer Lesung vom wundervollen Projekt #1000Tode.
Diese Lesung sollte mit mir stattfinden. Frau Frohmann, die Verlegerin von 1000 Tode schreiben, fragte ob ich mit vorlesen wollte. Wir entschieden, dass ich das spontan entscheide. In meinen Gedanken, wusste ich, dass ich niemals da vorlesen würde. Nie nie niemals würde ich vor Publikum stellen und etwas vorlesen.
Unser Samstag startete mittags und wir fuhren los. Wir entschieden recht schnell, shoppen und essen zu gehen. Das taten wir auch, wir shoppten, tranken Kaffee, Tee und landeten in einer Australien Bar, weil wir fast verhungerten. Da war es 16 Uhr. Gedanken an die Messe waren nach wie vor präsent. Wir wollten Abends lecker essen gehen und entschieden uns im Hotel nochmal frisch zu machen und meinen Text zu üben.
Wir gammelten auf dem Bett und ich fing an meinen Text laut vorzulesen und brach in Tränen aus. Wie sollte ich das jemals irgendwo vorlesen. Mein Entschluss stand erneut fest, das ich das nicht tun werde.
Meine Freundin sagte immer und immer wieder, dass ich das schaffe. Woher weiß Sie das?
Wir gingen zu später Stunde beim Inder essen. Der beste der Stadt und ich schmeckte, wegen meiner Erkältung kaum etwas. So ein Mist aber auch. Dann gings zurück ins Hotel und wir tranken noch einen Abschlusscocktail und sinnierten darüber, wie schön der Tag war und wie schnell doch alles vorbei ist. Wir gingen sehr spät ins Bett. Ich machte kein Auge zu, zum einen fehlten mir meine Männer und zum Anderen suchte ich nach Notausgängen um die Lesung zu umgehen. Ich bin Meister für Notausgänge. Ich bin Meister im sich vor etwas drücken. Ich habe nicht einfach Lampenfieber. Es kommt einem Totalausfall sehr nahe. Von Ohnmacht über Totales Zittern könnte alles dabei sein.
Ich kann schreiben aber nicht vortragen. Schon Vorstellrunden sind der blanke Horror für mich. Ich bin eine Dramaqueen mit Lampenfieber.
Das kann keine gute Kombination sein. Hinzu kommt, dass ich über den schlimmsten Tag meines Lebens reden werde.
Der Sonntag war da. Wir gingen frühstücken und ich zitterte schon. Wir checkten aus und führen zur Messe. Wir wurden erschlagen von der Größe dieser Messe und von den Menschen. Als wir nach 30 Minuten den Orbanism Space fanden, wurde es langsam realer. Da saß Frau Frohmann mit einigen Menschen. Wir setzten uns dazu. Ich kam mir völlig fehl am Platze vor. Ich wollte gehen. Ich verspürte einen Drang, aufzustehen und einfach zu gehen. Meine Freundin hielt einfach meine Hand.
Es folgte dann noch eine Diskussionsrunde. Auch hier sagte ich bestimmt hundert Mal, ich schaffe das nicht, können wir jetzt gehen. Meine Freundin sagte jedes Mal nein. Als ob ich erwartete, dass Sie ja sagt.
Die Sitzplätze, die vorher noch leer waren, füllten sich und meine Kehle wurde immer trockener. Die Chance hier noch wegzukommen wurde immer geringer und mein Puls stieg. Ich war kurz vor einer Panikattacke. Frau Frohmann nahm das Mikro und bat diejenigen die gleich vorlesen wollen, nach vorne zu treten.
Jetzt kann ich einfach sitzenbleiben-dachte ich! Doch meine Freundin hörte wohl meine Gedanken und sagte geh. Ich stand nun und alle sahen, dass ich stand. Es stand nun auch fest, dass ich die Letzte bin, die vorlesen würde.
8 Leute Zeit, mir in die Hose zu pullern, tausend Tode zu sterben um für tausend Tode zu lesen.
Ich fluchte. Ich fluchte in mich rein, wieso ich diese hirnrissige Idee hatte zur Messe zu fahren. Wir lauschten den Vorlesern und ich fragte mich, wie Sie das alles so gut machen konnten. Haben Sie vorher getrunken, gekifft oder gibt es wirklich Menschen, die einfach kein Lampenfieber haben?
Ich bin die Nächste. Ich spüre wie ich aufstehe und ans Pult trete. Ich lege mein Tablett ab. Ich hebe meinen Kopf und mit dem Mikro in der Hand sage ich zitternd:
“ Hallo, ich bin Dani Wolf und ich bin Bloggerin und ich habe einen Brief geschrieben.“
Die 1. Träne bahnte sich bereits ihren Weg zu meiner Nasenspitze und es wurde ganz still auf der Messe. Es wurde auch still in mir.
Ich stand da und weinte lesend meinen Brief. Ich holte immer Mal Luft um nicht zusammenzubrechen aber ich las. Ich las ihn zu Ende und brach zusammen. Ich schluchzte in die Arme meiner Freundin und die Anspannung viel von mir ab. Frau Frohmann setzte sich weinend zu uns und umarmte mich.
Ich beruhigte mich ganz langsam und kam wieder zu mir. Ich begriff allmählich, dass ich das wirklich gemacht hatte. Ich habe eine mir unüberwindbare Aufgabe gemeistert.
Ich bekam viel Zuspruch von allen Seiten. Ich habe wirklich mit meinen Worten berührt und ich traue mich jetzt nochmal und gebe euch den Link, des Audiomitschnittes der Lesung. Hier könnt ihr alle Texte hören und auch mich.
Ich bin stolz auf mich! Ich habe das für mich und für Sie gemacht.
Für mein Schwesterchen und ohne die Sturheit meiner Freundin, hätte ich es nicht geschafft.
Es ist ein unglaubliches und befreiendes Gefühl gewesen. Als ich meinen Prinzen und meinen Mann wieder in die Arme schließen konnte, wusste ich, das heute ist der bedeutendste Tag, den ich je hatte und das wollte ich mit euch teilen.
Wie geht ihr mit Lampenfieber um? Hattet ihr solche Momente schon einmal? Dieses Gefühl von ich bin Wonderwoman?
Eure Glucke
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Einen ganz lieben Gruß an dich und ich finde es toll, dass du das geschafft hast. Beim Lesen dieses Artikels kamen mir bereits die Tränen, daher kann ich mir den Audiomitschnitt momentan nicht anhören. Ich kann deine Gefühle sehr gut verstehen und wünsche dir alles Gute und weiterhin soviel Kraft.
Hey ich kann das verstehen, ich könnte ihn mir auch nur einmal anhören. Ich danke dir für deine Worte.
Hallo Dani,
ein großes Lob für deinen Mut. Du hast nicht nur einfach einen Text vorgelesen, sondern ganz tief bewegende persönliche Zeilen. Dafür hast du eine doppelte Portion Anerkennung verdient.
Liebste Grüße
Anja
Liebe Anja,
Vielen vielen Dank. Es freut mich soooo sehr wenn es ankommt und mit dem Thema auch ein bisschen gebrochen wird.
Liebe Grüße
Dani
Liebe Dani, das hast du so toll gemacht, meine tiefe Anerkennung für so einen mutigen Schritt. Ich brauchte zwei Anläufe, um es mir anzuhören. Ich fand es schwer, als ich mit Ende 20 plötzlich mit Tod und Endlichkeit konfrontiert wurde und mein Blick auf das Leben urplötzlich ein völlig anderes wurde. Es nahm mir alle Unbeschwertheit. Wie schwierig muss es dann erst für ein kleines Mädchen sein, wie du es damals warst. Stark Dani! Danke für den Text und danke, dass du mit dem Tabu brichst, über Tod rede man eben nicht mal so. Meiner Meinung nach muss man, um einen gesunden Umgang mit dem Thema zu etablieren, nämlich genau das tun, auch wenn es schwer ist – unangenehm ist (meistens für die anderen) – und weh tut!
Zu sehen wie meine Schwester mir entrissen wird, wird für immer das Schlimmste sein, was mir und meiner Familie widerfahren ist und ich finde es wichtig den Tod zu zeigen und darüber zu sprechen, deshalb finde ich das Buch so unglaublich toll.
Mir tut es immer leid, wenn Menschen mit dem Tod konfrontiert werden denn es ist einfach Scheisse.
Ich danke dir so sehr für deine Worte.
Ich habe tiefsten Respekt vor deiner Entscheidung am Wochenende und finde das toll. Du hast das toll gemeistert. 🙂 Leider konnte ich den Text nicht zu Ende hören, denn in der Bahn sitzen und flennen, das ist nicht so doll. Ganz große Leistung! 🙂
Liebe Bella,
ich danke Dir. Ich bin froh es gemacht zu haben und ich kann mir den Audiomittschnitt auch nicht anhören, ich flenne sofort wieder, genau wie wenn ich eure lieben Worte lese.
Ich bin sehr stolz auf Dich, das hast Du ganz toll gemacht. Seine eigenen Ängste zu überwinden ist ein großer Schritt.
Wow, vielen vielen Dank…
Ich habe es gehört, Deinen Text von Anfang bist Ende! Ich habe mitgeweint. Fühl Dich umarmt. Du hast das so toll gemeistert. Eine Riesen-Herausforderung, die Du bestanden hast.
Liebe Reni,
ich danke Dir so sehr.Euer Zuspruch bedeutet mir so sooooooooo viel.
Toll, toll, toll ! Siehst du, du hast es geschafft. Und egal wie, du hast es geschafft und kannst mächtig stolz auf dich sein! Und in Ohnmacht gefallen bist du auch nicht ☺️.
Du hast recht, ich habe es gemeistert und bin nicht umgefallen aber aufregend war es. Danke und liebe Grüsse