Ich und So

Hab ich was Ordentliches gelernt?-Ein kleiner Rant

8. Juli 2017
Berufsleben Veraenderung Rant

mein kleiner großer Rant pixabay.com

Kennt ihr Peter Tauber? Er ist Generalsekretär bei der CDU und hat sich neulich bei Twitter über Minijobber geäussert und sich so richtig unbeliebt gemacht.

Jetzt muss ich einfach meinen kleinen Rant loswerden.

 

 

Ich muss sagen, mir ist fast die Hutschnur geplatzt, als ich die Tweets und dann auch die Entschuldigung dazu gelesen habe.


Es zeigt ja zum Einen wieder deutlich, wie nah unsere Politiker in der Realität leben und wie herablassend Sie teilweise die Gesellschaft ihres eigenen Heimatlandes behandeln.

Vor allem macht es mich so wütend, da ich mich selber angesprochen fühle. Klar an sich ist das mein Problem aber ich habe es wirklich satt, dass wir unseren Mund halten sollen, weil wir ja eigentlich selber schuld sind oder wie?

Ich habe z.B. kein Abitur gemacht. Aus Angst vor der Prüfung bin ich eine Schulabgängerin. Ich habe das 11. Schuljahr am Gymnasium erfolgreich beendet(automatisch einen Realschulabschluss) und eine Ausbildung angefangen. Ich bin gelernte Groß-und Aussenhandelskauffrau.

Es ist wahrscheinlich nix Ordentliches in den Augen vieler und vor Allem in den Augen von Peter Tauber, denn wenn man meinen Lebenslauf betrachtet, dann habe ich wohl etwas falsch gemacht.

Ich arbeitete 8 Jahre in meinem Beruf und verließ dann den sicheren Hafen um einen glücklichen Hafen und neue Perspektiven zu wählen. Damit landete ich zum 1. Mal in meinem Leben in Staatshand, denn ich bezog Arbeitslosengeld I. Ich war 25 Jahre alt und das erste Mal arbeitslos. Es fühlte sich so ungerecht an.

Ich fand dann einen Job bei einem Mittelständler. Ich arbeitete mich hoch und dennoch hing alles am seidenen Faden, denn es gibt eben Arbeitgeber, die lieber Urlaub machen und ein schönes Leben führen und dabei vergessen, ihre Angestellten zu bezahlen.

Ja und so stand ich nach 1,5 Jahren mit einem Nervenzusammenbruch da und fing wieder von Vorne an. Der Neuanfang ging leichter von der Hand, da ich ja nun weitere Qualifikationen erworben hatte. Nach fast 2 Jahren brachte ich den Prinzen auf die Welt und das war wohl das Todesurteil, um noch irgendwas als Ordentlich zu betiteln oder zu bekommen.

Eine Tortur aus Paragraphen, Gesetzen und Anwälten ging los, denn wie kann man es nur wagen, als Frau, schwanger zu werden und vor Allem so blöd zu sein und in einem Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern anzufangen.

Erst 3 Jahre nach der Geburt des Prinzen, fand ich eine neue Anstellung, die auch zu unseren Lebensumständen passte. Es war kein Vollzeitjob, sondern eine sehr schlecht bezahlte aber inhaltlich tolle Teilzeitstelle, auf die ich mich freute und die mir einiges abverlangte.

Ja und nun 1 Jahr später stehe ich wieder vor den Scherben meines beruflichen Lebens, denn ich wagte es tatsächlich ein 2. Mal schwanger zu werden.

So und nun frage ich Sie Herr Tauber, was hab ich eigentlich falsch gemacht in meinem Leben? Liegt es tatsächlich daran, dass ich kein Abitur gemacht habe und „nur“ eine Ausbildung gemacht habe?

Wieso gibt es denn in unserem Land die Möglichkeit zwischen verschiedenen Schulabschlüssen zu wählen, wenn doch eigentlich nur das Abitur mit anschließendem Studium etwas Ordentliches ist?

Wieso beschweren sich denn viele viele Unternehmen, das niemand mehr eine Ausbildung machen möchte? Woran liegt es denn, das Berufszweige wie Altenpfleger, Erzieher, Krankenschwester, Frisörin, Bäcker und Fleischer keinen Nachwuchs mehr finden?Rant Fragen Wieso?

Wo kaufen Sie denn ihre Lebensmittel? Wer betreut Sie, wenn Sie im Krankenhaus liegen? Wer macht die Toilette sauber, in dem Restaurant in dem Sie zu Abend essen? Wer putzt denn ihr Haus oder ihre Wohnung?

Haben diese Menschen, nicht alle Respekt verdient? Was läuft denn falsch in unserer Bildungspolitik oder auf unserem Arbeitsmarkt?

Wie kann es sein, dass Arbeitgeber schwangere Frauen einfach rausschmeissen oder degradieren oder mobben oder oder oder können? Wo ist unser Rechtsstaat dann, um diese zurückgelassenen Familien aufzufangen?

Wieso bin ich nur als Vollzeit arbeitende Frau oder Mutter ein vollwertiges Mitglied in unserem Land und wieso wird nicht endlich an dem Lohngefälle etwas getan, damit Familien auch wirklich leben können und nicht nur Überleben?

Wenn man sich anschaut, wie viele Menschen und auch viele Frauen ein Gewerbe anmelden um ihre Fähigkeiten, Wünsche und auch Träume anders einsetzen zu können und meist selbst und ständig arbeiten, um eine Wertschätzung zu erhalten und sich als funktionierendes Mitglied einer Gesellschaft zu fühlen-eine Gesellschaft, die mehr Kinder möchte aber familienpolitisch wenig bietet um verschiedenen Familienmodelle abzudecken.

Wir alle schreien danach, dass Väter ihren Anspruch auf Elternzeit ausweiten sollen, da Sie Zeit mit ihrem Kind verpassen. Aussagen von Vätern werden oft als Ausreden benutzt, da Sie es natürlich immer noch viel viel einfacher in unserer Berufswelt haben, Fuss zu fassen und etwas „Ordentliches“ zu machen ABER eben auch genau deswegen meist die Haupt-Verdiener in der Familie sind. Wird dann betrachtet, das mit einem Jahr Elternzeit, das finanzielle Budget sich so verringert, das die meisten Familien ihren Standard nicht mehr halten & leben können.

Ja und dann kommt wieder Geld ist nicht alles aber woher kommen dann die vielen Minijobs, Kleingewerbe und Aufstockungen weiles nicht reicht zum Leben? Wir benötigen nun mal Geld um zu leben und das sollte doch die Priorität unserer Regierung sein, das Leben bezahlbar zu machen. Arbeit wieder wertzuschätzen. Familien zu fördern und zwar nicht, indem Kinder in Ganztageseinrichtungen gebracht werden sollen, damit die Eltern schön Vollzeit arbeiten gehen können.

Nein ich wünsche mir von unserer Regierung Möglichkeiten für alle Modelle. Einen höheren Mindestlohn, denn niemand kann bei diesen Lebenshaltungskosten von 8,50€ leben. Ich kenne zig Familien die Wohnungen suchen aber schlechtweg nichts Bezahlbares mehr finden oder nur auf Vermieter stoßen, die Alleinstehende oder kinderlose Paare mit einem guten Einkommen wählen.

Die Diskriminierung in unserem Land schleicht so sichtbar vor sich hin aber in Gesetzestexten ist Sie kaum lesbar.

Die Schere zwischen arm und reich wird immer größer. Erschöpfungskrankheiten werden immer mehr, da Menschen nicht mehr wissen wo oben und unten ist. Ach wir könnten das endlos weiter spielen. Wir spielen das Spiel auch schon jahrelang und trotzdem gibt es dann Menschen wie Peter Tauber, die sich tatsächlich über viele andere erheben und dann denken, mit einer wieder wenig wertschätzenden Entschuldigung etwas retten zu können.

Vielleicht konzentrieren Sie sich mal auf diese vielen vielen ordentlichen Berufe, die Menschen erlernt haben und dennoch jeden Tag rechnen müssen. Vielleicht probieren Sie mal, einen dieser Minijobs aus, um ein besseres Gespür dafür zu bekommen, was Sie als Ordentlich empfinden.

Und ganz vielleicht schaffen Sie es dann, als eine der führenden Regierungen einen Wandel in unserem Land zu bewirken, denn wir leben in einem schönen und durchaus reichen Land mit vielen vielen Möglichkeiten.

Ich möchte nicht in Ihrer Haut stecken aber da Sie ja was ordentliches gelernt haben, müssen Sie zum Glück ja auch nicht in meiner stecken.

Herzlichst

die Glucke

Einen weiteren guten Artikel zu dem Thema findet ihr hier.

Und ein richtig gutes Video hab ich auch noch für euch:

Hagen Rether über den Niedergang unserer Gesellschaft

Bringt einen zum Nachdenken, was der geniale Hagen Rether da in 6 Minuten anspricht. Wissen ist Macht informiert

Posted by Wissen ist Macht on Sonntag, 16. April 2017

 

 

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5 Comments

  • Reply Milka 9. Juli 2017 at 17:53

    Auch ein abitur und studium verhelfen dir leider heutzutage nicht mehr zu einem job, geschweige denn zu einem gut bezahlten. Da muss man dann schon das richtige studiert haben und auf keinem fall so etwas „brotloses“ wie geisteswissenschaften.
    Achja, und die information „verheiratet und x kinder“ im lebenslauf wegzulassen, sehe ich nicht als täuschung an, sondern als chance zum Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden, um mich und mein können dann zu präsentieren. Kinder und mann sind meine privatsache und zu viele informationen verwirrt die Chefs nur
    trotzdem bleibt es natürlich alles ungerecht! Liebe Grüße und du bist nicht allein!

    • Reply Glucke 9. Juli 2017 at 19:47

      Liebe Milka,

      ja Du hast recht inzwischen ist selbst ein Studium nicht mehr wirklich ein Garant für einen guten Job. Ich sehe aber auch unsere Bildungspolitik sehr kritisch. Studieren kann inzwischen fast jeder und man kann auch jeden Beruf studieren. Ich glaube einfach, das Niveau hat sich verändert aber das ist nochmal was anderes. Zu den Lebensläufen. Ich bin für anonyme Bewerbungen, also ohne Geschlecht etc. nur die fachliche Voraussetzungen denn dann hat man deutlich mehr Chancen eingeladen zu werden. Fotos gibts dann auch nicht in Unterlagen.
      Liebe Grüße
      Dani

  • Reply paju 8. Juli 2017 at 13:04

    Liebe Dani!

    Dein Werdegang steht für soooo viele hier in Deutschland und zumeist sind es Frauen. Und glaube mir, es gibt genauso viele mit Abitur und Studium, welche ausprobieren, weiter gehen und oftmals stehen bleiben (müssen) und kapitulieren. Mich eingeschlossen! Ich will so gern, darf nicht, weil ich nicht einmal zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werde, obwohl Ausschreibung und Lebenslauf zusammen passen. Aber da gibt es diesen kurzen Absatz im Lebenslauf: “ 2 Söhne, verheiratet“. Wie weit sind wir eigentlich gekommen, dass ich mir für die nächsten Bewerbungsrunden vorgenommen habe, diesen Absatz wegzulassen?! Es ist und bleibt eine Tragödie.

    Kopf hoch, fester auftreten und Menschen wie Herrn Tauber ignorieren. Hoffentlich viele im September diesen Jahres! In Frankreich wurde auch ein Wechsel geschafft!

    Liebe Grüße

    • Reply Glucke 8. Juli 2017 at 19:59

      Hi, es ist unglaublich das wir unsere Lebensläufe fälschen müssen… es ist unglaublich das diese Diskriminierung stattfindet. Mich regt das so auf…ich glaube tatsächlich nicht das sich an dem Wahlergebnis etwas ändert- denn zum einen wählen zu wenig und zum Anderen wählen viele die falschen- bzw. bin ich ganz ehrlich, ich weiß überhaupt nicht wen ich wählen soll, da niemand die Änderungen vornimmt, die wir benötigen.

      • Reply Paju 8. Juli 2017 at 23:26

        Da hast du recht. Da geht es mir genauso. Manchmal habe ich aber noch ein Fünkchen Hoffnung. Denn ich kann und will mir nicht vorstellen, dass das immer so weiter geht.

        Von der Wahl erhoffe ich mir prinzipiell auch nicht viel, aber vielleicht reicht es, dass die große Koalition beendet wird. Denn, um etwas zu ändern, brauchen wir eine starke Opposition. Drücken wir die Daumen!

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